Kreuzweg der Schöpfung führt von Wackersdorf nach Gorleben, Schmiergeldskandal, "Wir stellen uns quer" - Proteste gegen den ersten Probecastor ins Zwischenlager.
Die aktuellen Planungen sehen vor, dass im Jahre 2008 erstmals Atommüll in das "Atomare Endlager Gorleben" eingelagert wird.
1988 treffen sich erstmalig sieben Menschen, alles Multiplikatoren aus Institutionen und Aktionsgruppen, auf dem Werkhof Kukate, um über die Idee eines gemeinsamen Veranstaltungskonzeptes nachzudenken, das in den kommenden Jahren als "Die Kulturelle Landpartie – Wunde.r.punkte im Wendland" bekannt wird.
In Genehmigungen für Atomkraftwerke findet sich 1988 eine Behauptung, die auf Gorleben verweist: "die Eignung" des Salzstocks Gorleben als Endlager für alle Arten radioaktiven Abfalls sei "bestätigt". Man rechne "mit einer Inbetriebnahme des Bundesendlagers Gorleben Anfang des nächsten Jahrtausends".
1988 übernimmt der Atomlobbyist Bruno Thomauske im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) das "Projekt Gorleben".
Januar
Von Januar bis März liegt der Sicherheitsbericht der geplanten "Pilot-Konditionierungsanlage" öffentlich aus und Einwendungen können formuliert werden. Innerhalb dieser Frist werden über 12.500 Einwendungen gegen den Bau und Betrieb der Anlage abgegeben.
Am 21. und 22. Januar blockieren 70 Bauern mit ihren Treckern für 2 Tage das Zwischenlager. Ihre Forderung: Die "Blähfässer" / "Mol-Fässer" sollen abtransportiert und das Lager geschlossen werden. Mutterboden wird in die Toreinfahrt des Zwischenlagers gekippt und darauf Bäume gepflanzt.
Februar
Im Februar scheitern sechs Anwohner:innen mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das Zwischenlager vor dem Bundesverfassungsgericht.
Ein Gutachten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) bewertet den Schachtunfall 1987 im Februar aus geowissenschaftlicher Sicht: Demnach sind die Ereignisse "retrospektiv geotechnisch erklärbar". Eine bergbaufachliche Bewertung habe ergeben, daß die Bergbaufirmen beim Abteufen des Schachtes Gorleben 1 im Rahmen ihrer Aufgabenstellung mehr als das sonst bergbauübliche an Überwachungs- und Sicherheitsmaßnahmen getan hätten.
05.02.1988
Völlig unmissverständlich erklärt am 5. Februar Niedersachsens Finanzministerin Birgit Breuel (CDU) in einem Brief an Bundesumweltminister Klaus Töpfer den Zweck der "Gorleben-Gelder": "Die Verwaltungsvereinbarung hat in den Jahren ihrer bisherigen Laufzeit einen wesentlichen Beitrag zur politischen Akzeptanz des Entsorgungsprojektes im Lande und vor Ort geleistet." Deshalb, so die Ministerin, sollte auch weiterhin bezahlt werden.
11.02.1988
In der Sitzung des Kreistages Lüchow-Dannenberg passieren mehrere CDU-Anträge in Sachen Gorleben das Parlament: "Unter Berücksichtigung der Genehmigung für das Zwischenlager sind alle eingelagerten Fässer zu untersuchen. Fässer, die nicht der Genehmigung entsprechen, sind abzutransportieren." - Der weitere Betrieb des Zwischenlagers könne erst erfolgen, wenn alle Berichte über Ursachen und Konsequenzen vorlägen und schärfere Kontrollen angeordnet seien. Von der Industrie, der Landes- und Bundesregierung wird gefordert, daß das zukünftige Kontrollsystem ein Eingreifen im Zwischenlager überflüssig machen soll. In Gorleben dürften nur Abfälle ankommen, deren Endlagerfähigkeit geprüft ist. Quelle: Elbe-Jeetzel Zeitung vom 18.6.1991
12.02.1988
Am 12. Februar besetzen Mitglieder der BI Lüchow-Dannenberg und Aktivist*innen von ROBIN WOOD das DWK-Büro in Hannover. An der Fassade entrollen sie ein 100qm-großes Transparent mit der Aufschrift "Stop Atommafia".
März
05.03.1988
Am 5. März demonstrieren ca. 8.000 Menschen in Gorleben gegen die eingelagerten "Mol-Fässer", in denen sich falsch deklarierter Atommüll befindet.
Schmiergeldskandal
18.03.1988
Am 18./19. März wird durch Veröffentlichungen in der Elbe-Jeetzel-Zeitung bekannt, daß die im Wahlkreisbüro des CDU-Landtagsabgeordnete für den Gorleben-Landkreis Lüchow-Dannenberg, Kurt-Dieter Grill, arbeitende Sekretärin Christel P. in Dannenberg auf der Gehaltsliste des Soltendiecker Bauunternehmens Heinz Licht KG bis zu dessen Pleite im Frühjahr 1987 gestanden hatte. Wegen "Mittäterschaft bei einer Steuerhinterziehung" zeigt die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg den Abgeordneten an. Die Staatsanwaltschaft in Lüneburg nimmt die Ermittlungen auf. Grill weisst die Vorwürfe von sich: Nicht ganztags, sondern lediglich als Halbtagskraft sei die Sekretärin von seinem alten Freund Heinz Licht bezahlt worden. Ein Autotelefon sei zudem über Licht für ihn angeschafft worden. Beim Kreisparteitag am 23. April erklärt der Bundestagsabgeordnete Klaus Harries die Solidarität mit Grill zur Moral der Partei. Grill verspricht dem Parteitag, die von den Medien und der Bürgerinitiative öffentlich erhobenen Vorwürfe gegenüber der Staatsanwaltschaft auszuräumen.
Rund 6.000 Menschen beteiligten sich ab dem 27. März über 33 Tage am "Kreuzweg der Schöpfung", wobei ein etwa vier Meter große Holzkreuz von der Baustelle der im bayerischen Wackersdorf geplanten Wiederaufbereitungsanlage über viele atomare Stationen bis zum wendländischen Standort eines möglichen Endlagers in Gorleben getragen wird. Für die über 1.200 km im Zickzackkurs werden 33 Tage benötigt und die Ankunft in Gorleben ist Pfingsten, wo seitdem jeden Sonntag das Gorlebener Gebet stattfindet.
April
22.04.1988
Bürgerinitiativen geben im bayerischen Umweltministerium 750.000 Einwendungen gegen die 2. Teilerrichtungsgenehmigung für die WAA Wackersdorf ab. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
Mai
05.05.1988
Am 5. Mai wird bekannt, dass nicht nur die Sekretärin, sondern das ganze Wahlkreisbüro Kurt-Dieter Grills von der Baufirma Licht bezahlt worden war. Zudem nicht nur die Anschaffung des Autotelefons für 10.000 Mark, sondern auch dessen Benutzung über vier Jahre bis 1984. Die Kosten wurden bei der Firma als Geschäftskosten verbucht, Kostenstelle "5100 Grill". Zusammen mit dem Bau einer Kläranlage für das Privathaus des Abgeordneten in Breese brachte das Bauunternehmen von Septemberg 1980 bis März 1987 rund 180.000 Mark für die politische Tätigkeit des CDU-Umweltexperten auf.
17.05.1988
Am 17. Mai erweitert die BI die Anzeige gegen Grill um zwei weitere Vorwürfe: "Bestechlichkeit" und "Verletzung des Dienstgeheimnisses".
Der Vorwurf der Bestechlichkeit gegen Grill hatte in der 15jährigen Auseinandersetzung um Gorleben Folgen gehabt - für den, der ihn erhob. Dieser Vorwurf führt zu polizeilichen Ermittlungen: Zwei Jahre lang werden Treffen von Atomkraftgegnern überwacht, Kontakte registriert, Autonummern notiert, Privatverhältnisse ausgeforscht, Telefone abgehört. Der Anlass: eine Hausdurchsuchung in einer Wohngemeinschaft im wendländischen Dörfchen Meuchefitz. Grund der Durchsuchung: Plakate mit der Aufschrift "Bestochen von Transnuklear". Der CDU-Landtagsabgeordnete Kurt-Dieter Grill hatte eine "Beleidigungsklage" eingereicht.
25.05.1988
Der nach Atomrecht vorgesehene Erörterungstermin für die Pilot-Konditionierungsanlage findet vom 25. Mai bis zum 2. Juni in Gartow statt. Eine Vielzahl von Befangenheitsanträgen gegen die Verhandlungsführung dokumentiert das tiefe Misstrauen der Einwender:innen gegenüber der Genehmigungsbehörde. Nach "Tumulten" wird der Beginn der Erörterung am 25. Mai vertagt.
Mit Klappern, Rasseln und Pfeifen der 300 Besucher:innen beginnt in Gartow der Erörterungstermin. 12.500 Menschen aus dem Wendland haben sich zuvor mit ihrer Unterschrift gegen diese Anlage ausgesprochen.
Quelle: u.a. Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
28.05.1988
Der "Kreuzweg für die Schöpfung" von Wackersdorf erreicht am 28. Mai seinen Zielort Gorleben.
Juni
13.06.1988
Undine von Blottnitz, hiesige Europaabgeordnete von Bündnis 90 / Die Grünen und Mitbegründerin der Bäuerlichen Notgemeinschaft und der BI, erhält am 13. Juni eine Privataudienz beim Papst in Rom. Dieser lehnte es jedoch ab, zur nächsten Demonstration nach Gorleben zu kommen.
15.06.1988
Am 15. Juni bestätigt Bundesumweltminister Klaus Töpfer seiner Niedersächsischen Kollegin den Sinn der "Gorleben-Gelder":
"Ich teile Ihre Auffassung, daß die Verwaltungsvereinbarung in den Jahren ihrer Laufzeit zur politischen Akzeptanz des Entsorgungsprojektes Gorleben im Lande und vor Ort beigetragen hat."
Juli
04.07.1988
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg weist die letzte von insgesamt 40 Klagen gegen die Betriebsgenehmigung für das AKW Krümmel ab. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
06.07.1988
Zur Verwendung der "Gorleben Gelder" schreibt am 6. Juli Niedersachsens Finanzministerin Birgit Breuel in einem Brief an Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg: "Angesichts der aktuellen kontroversen politischen Diskussion über die nukleare Entsorgungsproblematik habe ich erhebliche Zweifel, ob es opportun ist, die Erörterungen im einzelnen wiederaufzunehmen. Sie müßten auch so sensible Bereiche wie die personellen und sachlichen Kosten der polizeilichen Sicherung oder die Aufwendungen für Demonstrationsschäden, Brand- u. Katastrophenschutz einschließen und würden, wie die Erfahrungen der Vergangenheit lehren, unvermeidlich zu öffentlichen politischen Auseinandersetzungen führen."
11.07.1988
In Neunburg vorm Wald beginnt der Eröterungstermin zur WAA Wackersdorf. 881.000 Bürger:innen haben Einwendungen erhoben. Die Verhandlung in der überfüllten Stadthalle endet nach wenigen Stunden im Chaos. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
September
Wir stellen uns quer!
06.09.1988
Am 6. September ordnet die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig an: Ihre bereits 1983 erteilte Aufbewahrungsgenehmigung für einen ersten Castor-Behälter im Zwischenlager sei "sofort vollziehbar". Der erste Atommüllbehälter kann also kommen.
Startschuß für die Kampagne "Wir stellen uns quer":
"Wir werden uns der Diktatur des Restrisikos nicht unterwerfen! Wir nehmen unser Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Anspruch und verweigern dem Atomstaat den Gehorsam."
700 Lüchow-DannenbergerInnen bekunden in Zeitungsanzeigen ihre Bereitschaft zur Blockade des Atommülltransports. Jene Atomkraftwerke, aus denen die ersten Brennelemente kommen könnten, werden beobachtet. Auch an möglichen Anfahrtstrecken sind Melder postiert. Nach Ansicht des Initiativen-Sprecher Peter Bauhaus ist das Konzept "bereits jetzt ein Erfolg". Schon lange nicht mehr hat die Organisation der Atomkraftgegner eine solche Resonanz auf einen Aufruf gehabt.
07.09.1988
Mit einer CDU / FDP-Mehrheit stimmt der Landtag in Hannover am 7. September dem Bau der Pilot-Konditionierungsanlage in Gorleben zu.
30.09.1988
Am 30. September gründen die Elektrizititätsversorgungsunternehmen (EVU) die Gesellschaft für Nuclear Service mbH, GNS, als privatwirtschaftliches Unternehmen. Gesellschafter der GNS sind alle EVU in der Bundesrepublik Deutschland, die Atomkraftwerke betreiben. Die GNS wird später durch Fusion mit der DWK/BLG zur Betreiberin des Zwischenlagers Gorleben.
Oktober
14.10.1988
Am 14. Oktober erreicht ein leerer Castor-Behälter das Zwischenlager Gorleben. "Fast unbemerkt" konnte der Betreiber BLG den "Ernstfall" erproben. Von der Herstellerfirma GNS in Essen wurde der Behälter per Schiene und Straße nach Gorleben gebracht. An der Transportstrecke wurden einzelne Lüchow-Dannenberger von der Polizei so lange festgehalten, bis der "Castor" im Lager verschwunden war.
15.10.1988
50.000 Menschen demonstrieren in Wackersdorf. In der Folge gibt es heftig Krach: auswärtige Initiativen werfen den Veranstaltern vor, sie hätten polizeiliche und richterliche Auflagen akzeptiert und bei deren Durchsetzung als "Hilfspolizisten" fungiert. Die Organisator:innen verweisen darauf, für sie habe die Durchsetzung des Demonstrationsrechts im Mittelpunkt gestanden. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
23.10.1988
Mit einer massenhaften Blockadeaktion, die dutzende von Strafanzeigen wegen Nötigung zur Folge hat, blockieren Bürger:innen in Emden den Rücktransport von Atommüllfässern über den Hafen. Bis zum Januar 1988 war Lübeck Drehscheibe für Atomtransporte, heftige Proteste der Bevölkerung führten schließlich zu einem faktischen Verbot der gefährlichen Transporte. Quelle: u.a. Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
Erneuter Baustopp
25.10.1988
Durch die Klage von Graf von Bernstorff wird am 25. Oktober vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg ein Baustopp für das Endlagerbergwerk verhängt.
November
Im November stellt die Staatsanwaltschaft in Lüneburg das Ermittlungsverfahren gegen den CDU-Landtagsabgeordnete Kurt-Dieter Grill wegen Bestechung, Bestechlichkeit, Steuerhinterziehung und Vorenthalten von Arbeitsentgelt ein. Insgesamt 102.300 Mark habe die Firma Licht KG zwischen 1980 und ihrem Konkurs im März 1987 an den Landtagsabgeordneten zur "Unterstützung der Parteiarbeit" geleistet. Nach Erkenntnissen der Ermittler habe es sich um "persönliche Zuwendungen", nicht um Parteispenden gehandelt, die in den ersten Jahren als Geschäftskosten gebucht wurden. Es seien "unbewußte Falschbuchungen" vorgekommen, die jedoch steuerrechtlich nicht erheblich seien. 52.000 Mark zahlte die Baufirma sieben Jahre lang für die Sekretärin des Abgeordneten, 9.700 Mark für Büromaterial im Wahlkreisbüro und 40.000 für Einbau und den vierjährigen Betrieb eines Autotelefons.
04.11.1988
Zwischen dem 4. und 6. November trifft sich in Nürnberg die "alte" und die "neue" Anti-AKW-Bewegung zu einer Arbeitskonferenz. Der Kongress deckt - nach weitgehend übereinstimmender Einschätzung - ein erhebliches Maß an politischer Perspektivlosigkeit auf. Die Entwicklung gemeinsamer Widerstandskonzepte kommt nicht voran, die Bewegung ist politikunfähig. Quelle: Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv II, LAIKA-Verlag
Die ganze Geschichte:
1998
Einwendungen gegen die PKA, Castortransport nach Ahaus, Transportestopp nach verstrahlten Behältern, Einstieg in den Atomausstieg und Moratorium im Salzstock.
1999
„Flickschusterei“ um Atomausstieg & AkEnd, Stunkparade nach Berlin und die Ankündigung, dass sich beim nächsten Castor X-tausend Menschen querstellen werden.
2000
Defekte Brücke und unsichere Behälter verhindern Castorlieferung, Atomkonsens „alles Lüge“, denn er sichert den Weiterbetrieb der AKW und Moratorium im Salzstock.
2001
Zwei Atommülltransporte rollen nach Gorleben, einer im März, ein zweiter im November. X-tausend Menschen stellen sich quer und WiderSetzen sich. Der Betonblock von Süschendorf zwingt den Castor zum Rückwärtsgang. Der Widerstand bekommt ein Archiv, die Bundestagsabgeordneten ein Denkmal, die „Gewissensruhe“.
2002
25 Jahre nach der Standortbenennung künftig keine Wasserwerfer mehr gegen den Widerstand, Freispruch im Süschendorf-Prozess, Ver-rück-te Dörfer gegen zwölf Castorbehälter, Rechenfehler und ein Abschlussbericht des AKEnd.
2003
Betonklötze für Betonköpfe, „Fest zum Protest“, der Salzstock wird besetzt, der siebte Castor rollt. Atomausstieg: das AKW Stade geht vom Netz – aber die Endlagersuche bleibt weiter unklar.
2004
Schienensitzen ist keine Straftat, das Einkesseln rechtswidrig, Trash People in Gedelitz, eine Veränderungssperre für den Salzstock zemetiert dessen Sonderstellung. Der Castortransport im Herbst verändert alles: Sebastién wird überfahren und stirbt.
2005
25 Jahre nach der „Republik Freies Wendland“ und 10 Jahre nach dem ersten Castortransport ist die Entsorgung des Atommülls weiter ungelöst. In die Debatte um die Entsorgung des Atommülls und die Zukunft der Atomenergie kommt Bewegung, die Veränderungssperre für den Salzstock wird verlängert. Container brennen, Bauern ziehen sich aus – und im November rollt der nächste Atommüllzug ins Zwischenlager.
2006
Geologe Grimmel warnt vor Erdbeben, die CDU kann sich in Gorleben ein Untertagelabor vorstellen. „Wir sind gekommen um zu bleiben“: Castorproteste im Herbst mit einer eigenen „Allgemeinverfügung gegen Atomwirtschaft und Polizeiwillkür“ und ein Offenbarungseid von Umweltminister Sigmar Gabriel.
2007
Der Widerstand feiert 30 Jahre Protest, ein Probecastor im Sommer aber keine „heiße Fracht“ im Herbst, stattdessen Kinderkrebsstudie und G8-Gipfel in Heiligendamm.
2008
Endlager-Symposium & Probebohrungen in Hamburg, absaufende Asse-2, 1 Millionen Jahre Endlager-Sicherheit und ein nächster Castortransport im November.
2009
Brisante Enthüllungen: Gorleben wurde aus politischen Motiven zum Endlagerstandort. Seit Jahren wird nicht nur „erkundet“, sondern ein Endlager gebaurt. „Mal so richtig abschalten“ – ein Protest-Treck aus dem Wendland führt zu einer großen Demo gegen AKW-Laufzeitverlängerung nach Berlin. Kein Castortransport, seit Oktober finden jeden Sonntag Spaziergänge um das Bergwerk statt.
2010
Krümmel-Treck, Ketten-Reaktion, Atomkraft-Schluss!, Castor XXL: die Antwort auf die AKW-Laufzeitverlängerung sind die größten Anti-Atom-Demonstrationen, die es in Deutschland je gab.
2011
Bundesweite Anti-Atom-Proteste nach dem Fukushima-GAU, neuer Atomausstieg, gorleben365 und ein „Rekord-Castor“ – der letzte, der nach Gorleben rollte.
2012
Das „Wendejahr“ mit zahlreichen Werksblockaden unter dem Motto „gorleben365“ und der zentralen Forderung zur Endlagersuche auf der „weißen Landkarte“: Der Fleck Gorleben muss weg!
2013
Mit der „Beluga“ stellt Greenpeace in Gorleben ein Mahnmal auf, der Widerstand läuft Matrathon gegen das neue Standortauswahl-Gesetz.
2014
Die „neue Endlagersuche auf der weißen Landkarte“ beginnt – mit einem dicken Fleck: Gorleben. Immer wieder Proteste gegen die „Atommüllkommission“ der Regierung und tausende Unterschriften gegen weitere Castoren.
2015
Tausende feiern im Sommer an den Atomanlagen, Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht: der „Kessel von Harlingen“ war rechtswidrig.
2016
Für 23 Milliarden Euro entledigen sich die Atomkonzerne dem Atommüll, der ab sofort uns allen „gehört“. Zahlreiche Aktionen an den Atomanlagen gegen die Endlagerpläne der Bundesregierung.
2017
Auch 40 Jahre nach der Standortbenennung ist der Widerstand „lebendig“, Betreiber der Atomanlagen wird der Bund, Castoren auf dem Neckar und letzte Befahrung des Gorleben-Schachts.
2018
Neuer Betreiber will Aus für die PKA, Langzeitlagerung von Castoren rückt in den Fokus, Kritik an der Arbeit des „Nationalen Begleitgremiums“.
2019
30 Jahre Kulturelle Landpartie, 40 Jahre nach dem Treck nach Hannover. Abriss der Schutzmauer um das Bergwerk.
2020
Im „Corona-Jahr“ wird Gorleben Ende September völlig unerwartet aus der weiteren Suche nach einem Atommülllager ausgeschlossen. Nach über 40 Jahren Protestgeschichte ist es vorbei. Im Herbst rollt der erste Castor durch Deutschland, der eigentlich nach Gorleben sollte.
2021
10 Jahre nach Fukushima hat die Corona-Pandemie Deutschland fest im Griff, nur wenige öffentliche Aktionen finden statt. Viel Kritik an Online-Veranstaltungen zur Endlagersuche. Im Sommer der vierte Kreuzweg von Gorleben nach Lützerath. Im Herbst das Versprechen: der Salzstock wird verfüllt.
2022
Das dritte Corona-Jahr beginnt mit einem Schicksalsschlag: völlig unerwartet stirbt Jochen Stay. Mit einem großen Festival feiern Anfang Juni tausende Menschen in Gorleben das Endlager-Aus und den Atomausstieg. Doch zum Jahresende die Ernüchterung: Die AKW-Abschaltung wird verschoben.
2023
Doch kein Atomausstieg zum 31.12.2022 – drei Atomkraftwerke laufen über das Jahr hinaus. Der Protest geht weiter.
2024
Die BI fordert einen Transportestopp ins Fasslager und den Neubau der Zwischenlagerhalle aus Sicherheitsgründen, denn die Castoren werden noch lange hier bleiben müssen. Der „Rückbau“ des verhinderten Endlagers wird immer teurer, Ende November beginnt dann endlich das Zuschütten: 400.000to Salz kommen zurück unter die Erde. Ein Meilenstein.
…und davor – Die Anfänge bis 1972
Die Anfänge: Erste Überlegungen, Atommüll in Salz zu lagern – statt ihn in der Tiefsee zu versenken. Gasexplosion im Salzstock Gorleben-Rambow.
1973
1973 werden die Pläne bekannt, bei Langendorf an der Elbe ein Atomkraftwerk zu bauen. In der Debatte um einen Standort für ein Atommüll-Endlager bzw. die Errichtung eines Entsorgungszentrums spielt Gorleben 1973 offiziell keine Rolle.
1974
Die Standortsuche für ein Atommülllager beginnt. Das Credo: So lange die Anlage genug Platz hatte und niemanden störte, war alles gut. Der Standort Gorleben hatte damit nichts zu tun.
1975
Im August 1975 bricht bei Trebel ein großer Waldbrand aus. Die Bundesregierung geht bei der Standortsuche für ein Nukleares Entsorgungszentrum (NEZ) davon aus, dass mehrere Salzstöcke parallel untersucht werden müssten. Gorleben gehört nicht dazu.
1976
(…) In einer zweiten Version der TÜV-Studie wurde handschriftlich der Standort Gorleben ergänzt und als am besten geeignet befunden. (…)
1977
Die Bedenken sind stark, doch Gorleben wird trotzdem zum Standort für den Bau eines gigantischen „Nuklearen Entsorgungszentrums“ benannt. Daraufhin finden erste Großdemonstrationen statt.
1978
Innerhalb von 5 Tagen sammeln Gorleben-Gegner*innen 800.000 DM, um der DWK beim Kauf weiterer Grundstücke über dem Salzstock Gorleben zuvor zukommen.
1979
Im März 1979 findet der legendäre „Treck nach Hannover“ statt. Nach einer Großdemonstration in der Landeshauptstadt verkündet Niedersachsens Ministerpräsident Albrecht das Aus für die WAA-Pläne in Gorleben.
1980
Platzbesetzung der Bohrstelle Gorleben 1004 und Gründung der „Republik Freies Wendland“. Die Räumung nach vier Wochen wird zum größten Polizeieinsatz in der Geschichte der BRD.
1981
Gorleben-Hearing in Lüchow zum Bau des Zwischenlagers und massiver Protest gegen das AKW Brokdorf. Nach Bohrungen werden die Zweifel an der Eignung des Salzstock Gorleben für ein Endlager „größer, nicht kleiner“. Doch Gegner*innen des Projekts seien „Schreihälse, die bald der Geschichte angehören“, meinen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Oppositionsführer Helmut Kohl.
1982
Baubeginn des Zwischenlagers wird mit Aktionen im Grenzstreifen zur DDR beantwortet, militante Eskalation beim „Tanz auf dem Vulkan“ und immer schlechtere Bohrergebnisse. Plötzlich ist das Wendland mit Dragahn wieder als ein WAA-Standort im Gespräch.
1983
Proteste gegen die Pläne, in Dragahn eine WAA zu errichten. „Gorleben statt Kreta“ und Demos im Grenzgebiet zwischen der DDR und BRD. Das Bundeskabinett unter Helmut Kohl stimmt der „untertägigen Erkundung“ des Salzstocks Gorleben zu.
1984
„Das Vertrauen hat sehr gelitten“: Menschenkette und Wendland-Blockade gegen die WAA-Pläne. Unter erheblichem Protest erreicht ein erster Atommülltransport das Fasslager Gorleben.
1985
Ein erster leerer Probe-Castor erreicht das Wendland. Der erste Kreuzweg führt vom AKW Krümmel nach Gorleben. Nach Anschlägen auf die Bahn werden die Daten von tausenden Gorleben-Gegner*innen von der Polizei gespeichert – und damit eine ganze Szene pauschal kriminalisiert.
1986
Baubeginn im Bergwerk Gorleben. Heftige Auseinandersetzungen um die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf und das AKW Brokdorf. Nach dem GAU von Tschernobyl protestieren zehntausende Menschen gegen die Atomenergie.
1987
Schwerer Unfall in Schacht 1 des Bergwerks in Gorleben. „Transnuklearskandal“ betrifft auch Atommüll im Zwischenlager, Proteste gegen den Bau der PKA.
1988
Kreuzweg der Schöpfung führt von Wackersdorf nach Gorleben, Schmiergeldskandal, „Wir stellen uns quer“ – Proteste gegen den ersten Probecastor ins Zwischenlager.
1989
Das Aus für die WAA Wackersdorf, Castor-Alarm: erster hochradioaktiver Atommülltransport nach Gorleben wird wenige Stunden vor Abfahrt gerichtlich gestoppt.
1990
„Ein Hauch der Freien Republik Wendland wehte durch den Gorlebener Tann…“, als auf dem Bauplatz der PKA Hütten errichtet werden. Aktivist*innen besetzen im Sommer den Förderturm in Gorleben, zum Jahresende Baustopp und SPD-Versprechen.
1991
Proteste gegen die Anlieferung von Mol-Container, PKA-Bauplatzbesetzung, erneuter „Castor-Alarm“ und nächster Baustopp im Erkundungsbergwerk.
1992
Resolution gegen und eine Mehrzweckhalle für Gorleben, Erweiterung des Zwischenlagers und viel Geld für den Landkreis.
1993
Sitzblockaden gegen Atommüll-Lieferungen, „Wege aus der Gorleben-Salzstock-Sackgasse“, Energiekonsens-Gespräche und hohes Bussgeld gegen Turmbesetzer*innen.
1994
Widerstandscamp „Castornix“ und erhebliche Proteste gegen ersten Castortransport, der wegen technischer Mängel dann abgesagt wird. Weiterbau der PKA per Weisung.
1995
Anschläge auf Bahn & Kran, die Aktion „ausrangiert“ will den ersten Castor empfangen, Bundesumweltministerin Merkel macht den absurden Backpulver-Vergleich & der Baustopp im Bergwerk wird aufgehoben.
1996
10 Jahre nach Tschernobyl, „Wir stellen uns quer!“ gegen den zweiten Castor nach Gorleben.
1997
Gewaltsame Räumung für den dritten Castor, Griefahn knickt ein & mehr Geld von der BLG.
1998
Einwendungen gegen die PKA, Castortransport nach Ahaus, Transportestopp nach verstrahlten Behältern, Einstieg in den Atomausstieg und Moratorium im Salzstock.
1999
„Flickschusterei“ um Atomausstieg & AkEnd, Stunkparade nach Berlin und die Ankündigung, dass sich beim nächsten Castor X-tausend Menschen querstellen werden.
2000
Defekte Brücke und unsichere Behälter verhindern Castorlieferung, Atomkonsens „alles Lüge“, denn er sichert den Weiterbetrieb der AKW und Moratorium im Salzstock.
2001
Zwei Atommülltransporte rollen nach Gorleben, einer im März, ein zweiter im November. X-tausend Menschen stellen sich quer und WiderSetzen sich. Der Betonblock von Süschendorf zwingt den Castor zum Rückwärtsgang. Der Widerstand bekommt ein Archiv, die Bundestagsabgeordneten ein Denkmal, die „Gewissensruhe“.
2002
25 Jahre nach der Standortbenennung künftig keine Wasserwerfer mehr gegen den Widerstand, Freispruch im Süschendorf-Prozess, Ver-rück-te Dörfer gegen zwölf Castorbehälter, Rechenfehler und ein Abschlussbericht des AKEnd.
2003
Betonklötze für Betonköpfe, „Fest zum Protest“, der Salzstock wird besetzt, der siebte Castor rollt. Atomausstieg: das AKW Stade geht vom Netz – aber die Endlagersuche bleibt weiter unklar.
2004
Schienensitzen ist keine Straftat, das Einkesseln rechtswidrig, Trash People in Gedelitz, eine Veränderungssperre für den Salzstock zemetiert dessen Sonderstellung. Der Castortransport im Herbst verändert alles: Sebastién wird überfahren und stirbt.
2005
25 Jahre nach der „Republik Freies Wendland“ und 10 Jahre nach dem ersten Castortransport ist die Entsorgung des Atommülls weiter ungelöst. In die Debatte um die Entsorgung des Atommülls und die Zukunft der Atomenergie kommt Bewegung, die Veränderungssperre für den Salzstock wird verlängert. Container brennen, Bauern ziehen sich aus – und im November rollt der nächste Atommüllzug ins Zwischenlager.
2006
Geologe Grimmel warnt vor Erdbeben, die CDU kann sich in Gorleben ein Untertagelabor vorstellen. „Wir sind gekommen um zu bleiben“: Castorproteste im Herbst mit einer eigenen „Allgemeinverfügung gegen Atomwirtschaft und Polizeiwillkür“ und ein Offenbarungseid von Umweltminister Sigmar Gabriel.
2007
Der Widerstand feiert 30 Jahre Protest, ein Probecastor im Sommer aber keine „heiße Fracht“ im Herbst, stattdessen Kinderkrebsstudie und G8-Gipfel in Heiligendamm.
2008
Endlager-Symposium & Probebohrungen in Hamburg, absaufende Asse-2, 1 Millionen Jahre Endlager-Sicherheit und ein nächster Castortransport im November.
2009
Brisante Enthüllungen: Gorleben wurde aus politischen Motiven zum Endlagerstandort. Seit Jahren wird nicht nur „erkundet“, sondern ein Endlager gebaurt. „Mal so richtig abschalten“ – ein Protest-Treck aus dem Wendland führt zu einer großen Demo gegen AKW-Laufzeitverlängerung nach Berlin. Kein Castortransport, seit Oktober finden jeden Sonntag Spaziergänge um das Bergwerk statt.
2010
Krümmel-Treck, Ketten-Reaktion, Atomkraft-Schluss!, Castor XXL: die Antwort auf die AKW-Laufzeitverlängerung sind die größten Anti-Atom-Demonstrationen, die es in Deutschland je gab.
2011
Bundesweite Anti-Atom-Proteste nach dem Fukushima-GAU, neuer Atomausstieg, gorleben365 und ein „Rekord-Castor“ – der letzte, der nach Gorleben rollte.
2012
Das „Wendejahr“ mit zahlreichen Werksblockaden unter dem Motto „gorleben365“ und der zentralen Forderung zur Endlagersuche auf der „weißen Landkarte“: Der Fleck Gorleben muss weg!
2013
Mit der „Beluga“ stellt Greenpeace in Gorleben ein Mahnmal auf, der Widerstand läuft Matrathon gegen das neue Standortauswahl-Gesetz.
2014
Die „neue Endlagersuche auf der weißen Landkarte“ beginnt – mit einem dicken Fleck: Gorleben. Immer wieder Proteste gegen die „Atommüllkommission“ der Regierung und tausende Unterschriften gegen weitere Castoren.
2015
Tausende feiern im Sommer an den Atomanlagen, Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht: der „Kessel von Harlingen“ war rechtswidrig.
2016
Für 23 Milliarden Euro entledigen sich die Atomkonzerne dem Atommüll, der ab sofort uns allen „gehört“. Zahlreiche Aktionen an den Atomanlagen gegen die Endlagerpläne der Bundesregierung.
2017
Auch 40 Jahre nach der Standortbenennung ist der Widerstand „lebendig“, Betreiber der Atomanlagen wird der Bund, Castoren auf dem Neckar und letzte Befahrung des Gorleben-Schachts.
2018
Neuer Betreiber will Aus für die PKA, Langzeitlagerung von Castoren rückt in den Fokus, Kritik an der Arbeit des „Nationalen Begleitgremiums“.
2019
30 Jahre Kulturelle Landpartie, 40 Jahre nach dem Treck nach Hannover. Abriss der Schutzmauer um das Bergwerk.
2020
Im „Corona-Jahr“ wird Gorleben Ende September völlig unerwartet aus der weiteren Suche nach einem Atommülllager ausgeschlossen. Nach über 40 Jahren Protestgeschichte ist es vorbei. Im Herbst rollt der erste Castor durch Deutschland, der eigentlich nach Gorleben sollte.
2021
10 Jahre nach Fukushima hat die Corona-Pandemie Deutschland fest im Griff, nur wenige öffentliche Aktionen finden statt. Viel Kritik an Online-Veranstaltungen zur Endlagersuche. Im Sommer der vierte Kreuzweg von Gorleben nach Lützerath. Im Herbst das Versprechen: der Salzstock wird verfüllt.
2022
Das dritte Corona-Jahr beginnt mit einem Schicksalsschlag: völlig unerwartet stirbt Jochen Stay. Mit einem großen Festival feiern Anfang Juni tausende Menschen in Gorleben das Endlager-Aus und den Atomausstieg. Doch zum Jahresende die Ernüchterung: Die AKW-Abschaltung wird verschoben.
2023
Doch kein Atomausstieg zum 31.12.2022 – drei Atomkraftwerke laufen über das Jahr hinaus. Der Protest geht weiter.
2024
Die BI fordert einen Transportestopp ins Fasslager und den Neubau der Zwischenlagerhalle aus Sicherheitsgründen, denn die Castoren werden noch lange hier bleiben müssen. Der „Rückbau“ des verhinderten Endlagers wird immer teurer, Ende November beginnt dann endlich das Zuschütten: 400.000to Salz kommen zurück unter die Erde. Ein Meilenstein.
…und davor – Die Anfänge bis 1972
Die Anfänge: Erste Überlegungen, Atommüll in Salz zu lagern – statt ihn in der Tiefsee zu versenken. Gasexplosion im Salzstock Gorleben-Rambow.
1973
1973 werden die Pläne bekannt, bei Langendorf an der Elbe ein Atomkraftwerk zu bauen. In der Debatte um einen Standort für ein Atommüll-Endlager bzw. die Errichtung eines Entsorgungszentrums spielt Gorleben 1973 offiziell keine Rolle.
1974
Die Standortsuche für ein Atommülllager beginnt. Das Credo: So lange die Anlage genug Platz hatte und niemanden störte, war alles gut. Der Standort Gorleben hatte damit nichts zu tun.
1975
Im August 1975 bricht bei Trebel ein großer Waldbrand aus. Die Bundesregierung geht bei der Standortsuche für ein Nukleares Entsorgungszentrum (NEZ) davon aus, dass mehrere Salzstöcke parallel untersucht werden müssten. Gorleben gehört nicht dazu.
1976
(…) In einer zweiten Version der TÜV-Studie wurde handschriftlich der Standort Gorleben ergänzt und als am besten geeignet befunden. (…)
1977
Die Bedenken sind stark, doch Gorleben wird trotzdem zum Standort für den Bau eines gigantischen „Nuklearen Entsorgungszentrums“ benannt. Daraufhin finden erste Großdemonstrationen statt.
1978
Innerhalb von 5 Tagen sammeln Gorleben-Gegner*innen 800.000 DM, um der DWK beim Kauf weiterer Grundstücke über dem Salzstock Gorleben zuvor zukommen.
1979
Im März 1979 findet der legendäre „Treck nach Hannover“ statt. Nach einer Großdemonstration in der Landeshauptstadt verkündet Niedersachsens Ministerpräsident Albrecht das Aus für die WAA-Pläne in Gorleben.
1980
Platzbesetzung der Bohrstelle Gorleben 1004 und Gründung der „Republik Freies Wendland“. Die Räumung nach vier Wochen wird zum größten Polizeieinsatz in der Geschichte der BRD.
1981
Gorleben-Hearing in Lüchow zum Bau des Zwischenlagers und massiver Protest gegen das AKW Brokdorf. Nach Bohrungen werden die Zweifel an der Eignung des Salzstock Gorleben für ein Endlager „größer, nicht kleiner“. Doch Gegner*innen des Projekts seien „Schreihälse, die bald der Geschichte angehören“, meinen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Oppositionsführer Helmut Kohl.
1982
Baubeginn des Zwischenlagers wird mit Aktionen im Grenzstreifen zur DDR beantwortet, militante Eskalation beim „Tanz auf dem Vulkan“ und immer schlechtere Bohrergebnisse. Plötzlich ist das Wendland mit Dragahn wieder als ein WAA-Standort im Gespräch.
1983
Proteste gegen die Pläne, in Dragahn eine WAA zu errichten. „Gorleben statt Kreta“ und Demos im Grenzgebiet zwischen der DDR und BRD. Das Bundeskabinett unter Helmut Kohl stimmt der „untertägigen Erkundung“ des Salzstocks Gorleben zu.
1984
„Das Vertrauen hat sehr gelitten“: Menschenkette und Wendland-Blockade gegen die WAA-Pläne. Unter erheblichem Protest erreicht ein erster Atommülltransport das Fasslager Gorleben.
1985
Ein erster leerer Probe-Castor erreicht das Wendland. Der erste Kreuzweg führt vom AKW Krümmel nach Gorleben. Nach Anschlägen auf die Bahn werden die Daten von tausenden Gorleben-Gegner*innen von der Polizei gespeichert – und damit eine ganze Szene pauschal kriminalisiert.
1986
Baubeginn im Bergwerk Gorleben. Heftige Auseinandersetzungen um die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf und das AKW Brokdorf. Nach dem GAU von Tschernobyl protestieren zehntausende Menschen gegen die Atomenergie.
1987
Schwerer Unfall in Schacht 1 des Bergwerks in Gorleben. „Transnuklearskandal“ betrifft auch Atommüll im Zwischenlager, Proteste gegen den Bau der PKA.
1988
Kreuzweg der Schöpfung führt von Wackersdorf nach Gorleben, Schmiergeldskandal, „Wir stellen uns quer“ – Proteste gegen den ersten Probecastor ins Zwischenlager.
1989
Das Aus für die WAA Wackersdorf, Castor-Alarm: erster hochradioaktiver Atommülltransport nach Gorleben wird wenige Stunden vor Abfahrt gerichtlich gestoppt.
1990
„Ein Hauch der Freien Republik Wendland wehte durch den Gorlebener Tann…“, als auf dem Bauplatz der PKA Hütten errichtet werden. Aktivist*innen besetzen im Sommer den Förderturm in Gorleben, zum Jahresende Baustopp und SPD-Versprechen.
1991
Proteste gegen die Anlieferung von Mol-Container, PKA-Bauplatzbesetzung, erneuter „Castor-Alarm“ und nächster Baustopp im Erkundungsbergwerk.
1992
Resolution gegen und eine Mehrzweckhalle für Gorleben, Erweiterung des Zwischenlagers und viel Geld für den Landkreis.
1993
Sitzblockaden gegen Atommüll-Lieferungen, „Wege aus der Gorleben-Salzstock-Sackgasse“, Energiekonsens-Gespräche und hohes Bussgeld gegen Turmbesetzer*innen.
1994
Widerstandscamp „Castornix“ und erhebliche Proteste gegen ersten Castortransport, der wegen technischer Mängel dann abgesagt wird. Weiterbau der PKA per Weisung.
1995
Anschläge auf Bahn & Kran, die Aktion „ausrangiert“ will den ersten Castor empfangen, Bundesumweltministerin Merkel macht den absurden Backpulver-Vergleich & der Baustopp im Bergwerk wird aufgehoben.
1996
10 Jahre nach Tschernobyl, „Wir stellen uns quer!“ gegen den zweiten Castor nach Gorleben.
1997
Gewaltsame Räumung für den dritten Castor, Griefahn knickt ein & mehr Geld von der BLG.
1998
Einwendungen gegen die PKA, Castortransport nach Ahaus, Transportestopp nach verstrahlten Behältern, Einstieg in den Atomausstieg und Moratorium im Salzstock.
Cookie-Zustimmung verwalten
Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.