März 1997 – der dritte Castortransport ist im Anrollen

März 1997 – der dritte Castortransport ist im Anrollen. Der Widerstand wächst. So muss auch die Polizei nachlegen: Immer mehr Polizisten müssen untergebracht und verpflegt werden. Die Unterkünfte werden knapp. Es braucht mehr Platz als nur die Polizeikaserne in Lüchow und ähnliche Gebäude anderswo. Weitere Räume in öffentlichem Besitz sind gefragt, so wählt man die Sporthallen im Schulzentrum Dannenberg und in der Schule in Hitzacker – beide nah genug an der Transportstrecke.

Doch kaum ist die Nachricht über die Nutzung der Sporthallen bekannt, ist sie auch schon obsolet: Schüler/-innen besetzen ihre Sporthallen und sind nicht zu vertreiben, jedenfalls nicht ohne Imageverlust und Gewaltanwendung durch die Polizei. In die Turnhallen zieht neues Leben ein. Die Matten werden zum Hinfläzen gebraucht, die Bänke zum Liegen. Unterricht? Findet nicht statt! Stattdessen wird gespielt, diskutiert, und man fühlt sich wohl.

Damit das Ganze nicht in Chaos ausartet, führen Lehrer/-innen Aufsicht, auch nachts. Tagsüber gehen die Schüler nur dann zum Unterricht, wenn einige wenige uneinsichtige Lehrer mit Klausuren drohen. Schulleitung und Delegationen der Schüler verhandeln im Hintergrund. Immer wieder gehen Räumungsgerüchte durch die Hallen, die Bäuerliche Notgemeinschaft stellt ihre Trecker vor die Eingänge.

Ergebnis der Verhandlungen ist schließlich, dass die Polizei darauf verzichtet, die Sporthallen in Anspruch zu nehmen, auch in Zukunft. Im Gegenzug räumen die Schüler/-innen die Hallen. Ein kleiner Erfolg, ein großer Lernprozess. Und das gewiss bei allen Beteiligten.

erschienen in Gorleben Rundschau 11/12.2017

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