Ostern 1980

Bevor es zu 1004 kam, war Ostern, und in der Nacht zum 8. April 1980 bereiteten rund 1500 Frauen aus dem In- und Ausland der Polizei an der Tiefbohrstelle 1003 in Gorleben eine ziemlich unruhige Nacht. Aus Marmeladeneimern und Waschmaschinentrommel dröhnte ein ohrenbetäubendes Klappern, Pfeifen und Getöse über die Gorlebener Waldbrandfläche.

Als dann auch noch schauriges Wolfsgeheul angestimmt wurde, beendeten die Beamten die nächtliche Ruhestörung mit dem Auffahren ihrer Wasserwerfer.

Warum so viele Frauen im Gorlebener Wald nach Mitternacht? Zu Ostern 1980 hatten die Gorleben-Frauen aus Lüchow-Dannenberg ein internationales Treffen organisiert, zu dem mehr als 3000 Frauen kamen. Eine Aktion unter den vielzähligen Veranstaltungen war eben dieser Nacht-Spaziergang zum Bohrplatz.

Eine Fülle von Programmpunkten rund um die Atomkraftnutzung gestaltete das Treffen zu einer bunten Demonstration der verschiedensten Teile der Frauenbewegung. Violette Fahnen mit Frauenzeichen neben Treckern der Landfrauen mit Bundschuhwimpeln, Clown-Theater für den Gebärstreik und Ostereiermalen für die Kleinsten.

Das Anti-Atom-Osterfest gegen die geplante Atommülldeponie endete mit einer von 5000 Menschen besuchten Demonstration. Eine Rednerin: „Wir wehren uns gegen das Bild von der sanften und friedfertigen Frau. Wir sind wütend!“ Und: Es wurde zu einer Besetzung des Bohrplatzes 1004 aufgerufen.

Lilo Wollny: „Wir hatten niemals mit so vielen Frauen gerechnet, und Irritationen in der Landkreisbevölkerung blieben natürlich nicht aus.“

erschienen in: Gorleben Rundschau 03/04.2017

weitere Veröffentlichungen:

1990 – Bohrturmbesetzung

1. September 2020

Am 21. Juni 1990, dem Tag der Regierungsübernahme von SPD und Grünen in Niedersachsen, besetzt eine Gruppe von 14 Atomkraftgegner/-innen aus dem Wendland die Bohrtürme über den Gorlebener Schächten. Es ist 8 Uhr morgens, als die Aktivist/-innen den Maschendrahtzaun und die dahinter liegende vier Meter hohe Betonmauer mit selbstgebauten Holzleitern überwinden und die beiden Fördertürme…

Mehr lesen

Der Turmbauer zu 1004

6. Juli 2020

Sigurd Elert hat die Architektur der Freien Republik Wendland geprägt wie nur wenige andere. Dabei kommt er gar nicht aus der Gegend und war auch seit der Räumung des Hüttendorfs auf der Tiefbohrstelle 1004 bei Gorleben im Juni 1980 nie wieder dort. Im Wendland geriet sein Name und sein Wirken in den zurückliegenden 40 Jahren…

Mehr lesen

Zum ersten Mal: „Wir stellen uns quer!”

20. Mai 2020

Vor 25 Jahren fand der erste Castortransport ins Wendland statt. „In jeder Küche kann beim Kuchenbacken mal etwas Backpulver danebengehen!“ Als Atomkraftgegner/-innen im Wendland 1995 diese Verharmlosung der Risiken eines Castortransports hören, sind sie außer sich. Die Bemerkung ist noch heute vielen Wendländer/-innen im Ohr. Birgit Hunecke blickt 25 Jahre zurück.

Mehr lesen

Undine von Blottnitz

1. Februar 2019

Undine von Blottnitz war Mitbegründerin der BI-Lüchow-Dannenberg und der Bäuerlichen Notgemeinschaft und 1977 eine der Ersten, die ihre Stimme gegen die Lagerung von atomarem Müll in Gorleben erhoben hat. Sie hat für die Grünen und für ihre Region gestritten, verhandelt und demonstriert. Unerschrocken, couragiert und geradeaus machte sie Politik. 1979 wurde Undine das erste Mal…

Mehr lesen

Die lachende Sonne

7. November 2018

„Atomkraft? Nein Danke“, die lachende Sonne, ist wohl jedem Leser bekannt. Das Sonnenlogo ist in 55 Sprachen übersetzt und wurde als Aufkleber, Button, auf Fahnen, Plakaten und Flugblättern durch die Welt getragen. Aber wer hat’s erfunden?

Mehr lesen